Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Neues aus der Forschung, Fachartikel und sonstige Publikationen in den Medien.
Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 15. November 2012, 20:53

Hallo @all

Nebst der bisher bekannten Studie (Start Mai 2012, „Bacloville“) ist in Frankreich eine WEITERE Studie lanciert worden. Neu ist, dass die Studie von einer Pharma-Firma (Ethypharm) durchgeführt wird. Dies erleichtert das spätere Verfahren einer Marktzulassung. Die Studie trägt den Namen „Alpadir“, ist doppelblind randomisiert und kontrolliert gegen Placebo. Die Anzahl der Teilnehmer beträgt 320 Patienten, 40 Suchtzentren sind in die Studie involviert. Der Beobachtungszeitraum soll 7 Monate dauern, Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2014 erwartet. Die Aussagen zur Höchstdosierung sind noch etwas vage, sie soll jedoch mindestens 180 mg / Tag sein.

Quellen sind einstweilen zwei Artikel im NOUVEL OBSERVATEUR und im LE PROGRES

DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 23. November 2012, 05:47

Hallo erst mal

Hier noch die offizielle Pressemitteilung von Ethypharm

Kritische Stimmen GEGEN die Studie gibt es auch schon zu Hauf, hier die wichtigsten:

  1. Was soll die Limitierung auf 180 mg/Tag?
  2. Kontrolle gegen Placebo ist unethisch!
  3. Laut Eigenaussage ist hauptsächliches Ziel der Studie die Auswirkung auf die Abstinenz. Andere „Baclofenisten“ sehen die Ziele viel differenzierter.
  4. Schade. Das Geld wäre von Pharma-Konzernen viel besser auszugeben. Nämlich für eine Verbesserung des Moleküls (Baclofen), von dem wir längst wissen, dass es funktioniert.
  5. Patient muss bei Versuchsbeginn bereits abstinent sein. Was soll das?
Zu Punkt 2.: Ich bin da derselben Meinung, aber da muss man wahrscheinlich durch. Skandal genug! Schwieriges Thema. Unglaublich, was da dem Molekül (Baclofen) immer für Steine in den Weg geworfen werden. Bestimmt ein Grund, warum Olivier Ameisen am Wissenschafts- und Gesundheitsbetrieb verzweifelte und sich mit seinem Buch an die Öffentlichkeit wandte.

Zu den anderen Punkten: Da könnt Ihr Euch mal selber dran abarbeiten. Jeder Kritikpunkt hat sicher seine Berechtigung.

Aber immerhin, dass sich da eine Pharma-Firma vorgewagt hat, ist ein Riesenfortschritt. Denn in Frankreich ist es so, dass nur eine Pharma-Firma einen Antrag auf Marktzulassung stellen kann. Dieses Problem muss die andere französische Studie („Bacloville“) erst noch lösen [cool]

Resultate der beiden Studien kommen also irgendwann 2014. Dann müssen sie noch publiziert, von der Fachwelt zur Kenntnis genommen, gelesen, verstanden und akzeptiert werden. Das kann natürlich dauern! Antrag und Genehmigung für eine Marktzulassung wird nochmals dauern und gilt erst mal nur für Frankreich, theoretisch dann eigentlich aber auch für Europa, falls es Europa zu dem Zeitpunkt noch geben sollte. Macht Euch also noch auf eine längere Durststrecke (sic!) gefasst. [pardon]

Meint DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 23. November 2012, 09:44

Ja ich noch mal. Ein Interview mit Dr. Bernard Joussaume, ich denke, der dürfte bekannt sein:

Dr. Bernard Joussaume hat geschrieben:Man tut so, als wenn es die heutigen 20‘ bis 30‘000 Baclofen-Patienten (anm. DQ in Frankreich) nicht gäbe. Eine Maskerade!

Quelle hier ...

Das ist bestimmt richtig. Darüber hinaus werden auch schon allerlei Verschwörungstheorien gesponnen. So weit gehe ich aber nicht.

DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 1. Dezember 2012, 22:49

Hallo @all

Es gibt ein paar weitere Details zu „Alpadir“, welche am Baclofen-Kolloquium 2012 in Frankreich zu erfahren waren. Zunächst ist man natürlich glücklich über die Studie, weil sie erst die Voraussetzung für eine Marktzulassung schafft. Die andere Studie „Bacloville“ erfüllt diese Voraussetzung erst, wenn ein Pharmaunternehmen dort auf den fahrenden Zug aufspringt oder die Gesetzgebung geändert wird. Beides könnte noch passieren. Theoretisch kann alles passieren, auch dass die Pharma-Firma von „Alpadir“ (Ethypharm) irgendwann die Notbremse zieht oder die Weichen umstellt, und den Zug woanders hin fährt.

ATEMBREAUBEND schnell, nur wenige Tage nach der offiziellen Bekanntgabe von „Alpadir“ wurde ein Antrag für die provisorische Zulassungvon Baclofen eingereicht. Denn „Alpadir“ ist Voraussetzung für eine provisorische Zulassung. Nicht die Ergebnisse der Studie, sondern deren Vorhandensein. Wenn das durchkommt, ist erst mal sehr viel Luft da, und man könnte eine schöne Weile ungestört und perfekt legalisiert real existierende Baclofen-Therapie betreiben und weitere Fakten und Tatsachen schaffen, die dann ihrerseits wieder Druck auf Öffentlichkeit, Behörden und Standesorganisationen schaffen. Ein perfekter spiraler Effekt. Fühlt sich gut an.

„Alpadir“ verursacht aber auch Kopfzerbrechen. Maßgeblich an der Studie beteiligte Kreise standen Baclofen bisher extrem abneigend gegenüber. Woher dieser Sinneswandel? Die Macher der Studie scheinen Baclofen auch nicht richtig zu verstehen. Zu den oben bereits genannten Mängeln kommen weitere hinzu: Nach der Studie wird Baclofen offenbar einfach abgesetzt (ausgeschlichen) und die Patienten verabschiedet. Ende der Vorstellung. Mag ich zwar kaum glauben, aber so wurde das am Kolloquium vorgetragen. Und jetzt kommt der HAMMER: Die Dosierung ist FIX und für ALLE Teilnehmer 180 mg pro Tag, selbst wenn sich der Erfolg schon vorher einstellt, Nebenwirkungen scheint niemand zu kümmern. Also nach dem Motto: „Marschier weiter oder krepier“ (O-Ton Prof. Granger).

Nach dem Ende der Vorträge des Vormittages haben die Besucher jetzt die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Zunächst ein pensionierter Forscher aus der Ernährungswissenschaft. Erste Detailfragen des Randomisierens und Verblindens für "BACLOVILLE" und "ALPADIR"sind rasch geklärt. Dabei kommt man am Rande wieder auf die FIXE Dosierung für ALLE bei "ALPADIR" zu sprechen. Prof. Bernard Granger wiederholt das bereits gesagte. Der pensionierte Forscher versteht und bedankt sich. Dann eine Stimme aus dem Publikum. Dr. Renaud de Beaurepaire, nicht auf dem Podium sondern im Saal, sein Vortrag ist erst für den Nachmittag vorgesehen, hat sich eines der Publikumsmikrofone gegriffen und widerspricht freundlich. Gesteigert wird nur bis zur wirksamen Dosis, er ist sich ABSOLUT sicher. Granger will das nachprüfen, wendet aber ein, selbst mit den Verantwortlichen von Ethypharm gesprochen und das so verstanden zu haben. Er sei außerdem bei der Vorstellung des Projekts vor der Académie nationale de médecine, die Studie und Marktzulassug im Übrigen sehr wohlwollend gegeueberstehen, dabei gewesen, und das sei dort so kommuniziert worden. Etwas ratlose Gesichter, die Unterlagen, welche Aufschluss geben könnten, sind nicht zur Hand, man hat jetzt auch gar keine Zeit, das wird noch überprüft werden. Ich persönlich glaube, dass sich Prof. Granger irrt.

Man rätselt auch über die Motive von Ethypharm. Die einzige Vermutung (ernsthaft), die geäußert wurde, ist die, dass Ethypharm nach der Marktzulassung 25 mg Tabletten anbieten werde. Denn Lioresal von Novartis, dem einzigen dortigen Anbieter, gibt es in Frankreich nur als 10 mg Tabletten. Bei den dort üblichen sehr hohen Dosierungen ist das natürlich äußerst unpraktisch. Und für einen Monats-Nachschub braucht man schon fast eine Schubkarre. Außerdem stellen sich manchmal die Apotheker quer. Ein solches Motiv von Ethypharm halte ich für abwegig. Novartis produziert längst Lioresal als 25 mg Tabletten, es gibt sie einfach in Frankreich nicht.

Die Patienten müssen bei Studienbeginn bereits abstinent sein, in vielen Fällen geht das nur stationär, eine Entzugsform, welche das Studiendesign ohnehin für alle favorisiere. Der stationäre Entzug widerspricht dem bewährten ambulanten Charakter der Baclofen-Therapie. Wenn dann noch Abstinenz sklavisch als Therapieziel verfolgt wird, man sich einen Deut um die Nebenwirkungen kümmert, darüber hinaus die Patienten unterversorgt lässt, die mehr als 180 mg / Tag benötigen, und das sind nicht wenige, dann ist das ein Freifahrtschein, die Studie vor die Wand zu fahren. So das nicht explizit ausgesprochene, aber zwischen den Zeilen lesbare Fazit. Es wird sogar geunkt, dass die Marktzulassung penibel an ein penibles Protokoll gebunden sein wird, welches stationären Entzug vorschreibt, um wenigstens diese Strukturen noch möglichst lange über die Zeit zu retten. Ok, ich mag Verschwörungstheorien nicht besonders. Erst mal das Positive sehen und abwarten, was sich noch ergibt. Und vor allem weiter therapieren, auf Teufel komm raus.

DonQuixote

Benutzeravatar

pragha
Beiträge: 116
Registriert: 16. November 2012, 13:32
Danksagung erhalten: 15 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon pragha » 2. Dezember 2012, 11:31

Hi DonQuixote,
vielen Dank auch für diesen Beitrag zum Baclofen- Kolloquium am 17. November. Wenn ich deine Beiträge zusammennehme, habe ich das gute Gefühl auf dem aktuellen Stand zu sein, was in Frankreich z. Zt. abgeht auch wenn vielleicht nicht alles positiv ist.
Was das dann alles für uns in Deutschland bedeutet, wird man sehen.
pragha

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 4. Dezember 2012, 07:40

Danke, pragha. Einen hab ich noch:

Dr. Bernard Joussaume, Vorsitzender der Association AUBES (Partnerforum von „BACLOVILLE“) hat in einem Interview für die Zeitung VIVA die Studie „ALPADIR“ und deren Leiter, Prof. Michel Reynaud, scharf kritisiert. Dieser revanchierte sich in einem telefonischen Interview für „Le Quotidien du Médécin“ umgehend:

Prof. Michel Reynaud hat geschrieben:„Es ist nicht einfach, sich mit Leuten auseinanderzusetzen die sich so beleidigend und beschämend äußern. Bei dem Kriterium „Abstinenz“, welches die Studie in erster Linie untersucht, handelt es sich um dasjenige mit der größten Reichweite. Herr Joussaume, der die erforderlichen methodologischen Kenntnisse offenbar nicht hat, muss zur Kenntnis nehmen, dass eine therapeutische Studie in korrekt festgelegten Grenzen und den entsprechende Zielen zu erfolgen hat. Wir machen diese Studie deswegen, weil diejenige des Herrn Jaury („BACLOVILLE“) lediglich die Idee der Reduzierung des Konsums verfolgt, eine Zielgröße, die erst in allerjüngster Zeit für die Behandlung des Alkoholismus formuliert wurde, und die darf von den französischen, europäischen und internationalen Institutionen nur mit Vorsicht betrachtet werden. Solide und glaubhaft ist man deshalb nur, wenn man auf die Abstinenz abzielt. Natürlich werden wir auch, als zweites Kriterium, die Reduktion des Konsums beobachten und würden risikolosen oder risikoarmen Konsum gegebenenfalls als Erfolg ansehen.

Was die Höhe der Dosierung von maximal 180 mg / Tag und die möglichen Nebenwirkungen betrifft, äußerte sich Prof. Michel Reynaud unmissverständlich:

Prof. Michel Reynaud hat geschrieben:Herr Joussaume hat nicht die Oberhoheit über das Medikament Baclofen. Wir wenden es an, wie wir es für richtig befinden und arbeiten dabei mit Ärzten zusammen, die damit Erfahrung haben. Wir haben die bisher einzige publizierte Studie herangezogen, nämlich diejenige von Beaurepaire, Jaury und Rigal mit einer mittleren Dosierung von 120 mg. Bei 180 mg kam es bei 75 % der Patienten zu positiven Resultaten. Hingegen, ab 100 mg, steigt die Möglichkeit von Nebenwirkungen und ab 150 mg trifft man sie sehr häufig an. Das zu lösende Problem bei der Baclofen-Therapie ist das Gleichgewicht von therapeutischem Nutzen und den Nebenwirkungen. Für uns galt es, eine Höchstdosis zu bestimmen, deren Nutzen gut, und deren Nebenwirkungen noch akzeptabel sind.

Ich habe den Eindruck, dass die Positionen da gar nicht so weit auseinander liegen. Vielleicht sollten sich die Herren
( Damen scheinen nicht im Spiel zu sein ) mal bei einem Bier oder Heurigen ( der heißt in Frankreich Primeur ) zusammensetzen. Das sind Suchtforscher, die dürfen das. Wären da nicht noch andere Sachen im Spiel. Vielleicht Ressentiments?

Im Wissenschaftsbeirat von „ALPADIR“ findet man plötzlich die ganze Riege wieder, die sich bisher gegen Baclofen ausgesprochen hat. Es sind die Führungsleute der beiden wichtigsten französischen Fachgesellschaften für Suchtmedizin, der Fédération Française Addicttologie und der Société Française d’Alcoologie. Diese beiden Verbände, und in persona ihre Führungsriege, sind verantwortlich für die jahrelange Blockade gegen Baclofen. Seit 2004 behindern SIE das Medikament wo sie nur können. SIE haben als Gutachter für die Medikamentenzulassungs-Behörde stets ihre Expertisen abgeliefert, die im Juni 2011 in eine ausdrückliche WARNUNG vor der Anwendung von Baclofen gegen Alkoholsucht gipfelte. Und SIE saßen gleichzeitig in wissenschaftlichen Beiräten für Lundbeck, waren dort Studienleiter, hielten Vorträge und verfassten Expertisen für ein nutzloses Nachfolgeprodukt (Selincro) welches mit einem Milliardenbudget für seinen nutzlosen Vorgänger (Nalfeme) in den Markt gedrückt werden soll. Im März 2012 prangerte Prof. Bernard Granger in einem viel beachteten offenen Briefes all diese Machenschaften an, und kurze Zeit später, Ende April 2012, ließ die Medikamentenzulassungsbehörde ihre Warnung vor der Baclofen-Therapie endlich fallen und erlaubte sie fürderhin „von Fall zu Fall“.

Wobei wir wieder bei der Frage wären, was diese ehemaligen Baclofen-Gegner plötzlich in den wissenschaftlichen Beirat von „ALPADIR“ treibt. Die weiter oben genannten Verschwörungstheorien kennen wir schon. Aber es gibt noch eine andere mögliche Erklärung. Die Granden der suchtmedizinischen Fachverbände ahnen vielleicht die Möglichkeit, eine Entwicklung zu verpennen und sehen den Ruf ihrer Verbände und ihre Posten in Gefahr. Der Zug könnte ohne sie abfahren. Doch diese Halswende ist nicht ohne Risiko. Immerhin vertreten sie und ihre Verbände das ganze Heer der in der Suchtmedizin Beschäftigten, zweistellige jährliche Milliardenumsätze und dreistellige vorgelagerte und noch geplante Investitionsvolumen. Der Staat wirkt irgendwie hilflos, muss zwischen hohen Gesundheitskosten und dem Verlust von Arbeitsplätzen und Steuereinahmen abwägen, ähnlich wie beim Tabak. Die Sozial- und Gesundheitsversicherer halten ungewohnt still, aber wie lange noch? Und in der Zwischenzeit krepiert der Trinker. Mehr als hundert pro Tag sollen es in Frankreich sein. Was in Frankreich auch immer unterschwellig oder offen vorgetragen mitschwingt, sind die Vorkommnisse rund um das Medikament Mediator. Die haben die „Grande Nation“ zutiefst traumatisiert, das kann man so sagen, und das macht die Sache für Baclofen nicht leichter

Zurück zur Studie „ALPADIR“. Ich sehe bei den Machern reichlich Unbeholfenheit, aber auch ernsthaftes Bemühen. Ich denke mal, das kommt gut so. Wenn die erst mal anfangen, ihre Patienten zu behandeln, werden sie schnell merken was abgeht. Mir tun nur diese Probanden leid, auch bei „BACLOVILLE“, die in die Placebo-Gruppen fallen. Das wäre alles nicht nötig gewesen

DonQuixote

Benutzeravatar

pragha
Beiträge: 116
Registriert: 16. November 2012, 13:32
Danksagung erhalten: 15 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon pragha » 4. Dezember 2012, 10:44

Alpadir zielt auf die Abstinenz als Erfolgskriterium, Bacloville zählt auch eine Trinkmengenreduktion als Erfolg.
Es ist absehbar, nimmt man die Zahlen von Dr. Rapp oder die aus der Umfrage in einem deutschen Forum her, dass Alpadir mit dem Erfolgskriterium "abstinent" nicht zu sehr guten Ergebnissen kommen wird. Ich habe es so verstanden, dass Alpadir nicht mal eine begleitende Psychotherapie und sei es nur zur Complianceverbesserung, beinhaltet.
Von daher verwundert es mich nicht so sehr, dass die Menschen in den Diensten von Lundbeck auf einmal zu den Befürwortern dieser Studie zählen.
Ich denke, bei allen begrüßenswerten Fortschritten in Frankreich ist der Kampf gegen das mehrere hundert MIllionen €- Budget von Lundbeck noch lange nicht gewonnen. Nicht zu vergessen die Firmen, die seit Jahren mit mehreren hundert Millionen € an den PAMs forschen (zumindest Phase II-Studien sind schon abgschlossen). Die sollen wie Baclofen (nicht nur gegen Craving, sondern auch gegen Ängste, Depressionen und Schmerzen) wirken, sind aber patentierbar bzw. schon längst patentiert. Sollen allerdings weniger Nebenwirkungen haben. Und da sind alle großen Pharmafirmen wie z. B. Novartis dran. Wenn ich es richtig verstehe, sollen die ersten PAMs bereits 2015/2016 auf den Markt kommen.
Am Ende geht es dann um (Groß)-Industriepolitik und die Geschichte von David und Goliath, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es diesmal den gleich Ausgang hat wie beim Original.
pragha

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 4. Dezember 2012, 12:32

Hi Fragha

Fragha hat geschrieben:Ich habe es so verstanden, dass Alpadir nicht mal eine begleitende Psychotherapie und sei es nur zur Complianceverbesserung, beinhaltet.

Das ist erstens REINE Spekulation und entbehrt zweitens, weil es wahrscheinlich stimmt, nicht einer gewissen Ironie, weil eben diese Kreise Baclofen stets mit dem Argument der „fehlenden ganzheitlichen Betreuung“ abgelehnt haben. Du erinnerst Dich, z.B. „Sensation im Schweizer Fernsehen“ Minute 08:54

Fragha hat geschrieben:Wenn ich es richtig verstehe, sollen die ersten PAMs bereits 2015/2016 auf den Markt kommen.

Erzähl mal …

Fragha hat geschrieben:[…]das mehrere hundert Millionen €- Budget von Lundbeck

Oh sorry, ich les Dich ja nicht jeden Tag und hatte weiter oben „Milliarden“ draus gemacht. Eine knappe 10-er Potenz daneben. Kommt jetzt auch nicht mehr drauf an ... [cool]

Meint DonQuixote

Benutzeravatar

pragha
Beiträge: 116
Registriert: 16. November 2012, 13:32
Danksagung erhalten: 15 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon pragha » 5. Dezember 2012, 09:42

DonQuixote,
kurz zu den PAMs (Positive allostetic modulators), es gibt auch NAMs.
Die Biotechnologietöchter nahezu aller großen Pharmafirmen forschen daran mit einem Aufwand bestimmt jenseits der 1Mrd €.
Eine der wichtigsten Klassen der PAMs sind die Medikamente, die das inhibitorische Potential der GABA- Neurotransmitter stärken wie Baclofen. Anders als Baclofen wirken PAMs, wie der Name sagt, nicht direkt auf den GABA-B-Rezeptor, sondern auf die Zellmembrane jedoch mit dem gleichen Effekt.Daher sollen bzw. können diese Medikamente gegen die gleichen Erkrankungen wirken wie Baclofen:Spastiken bei MS, Craving, Angsterkrankungen, Depressionen, PTBS usw.
Und z.B.bei Addex mit dem Hauptsponsor Novartis will man 2012 mit den klinischen Tests beginnen (wie weit die Konkurrenzfirmen sind wollte ich nicht recherchieren). Die Substanz ist patentiert,sicher teuer, wird schon jetzt als potentieller Blockbuster gehandelt und steht damit wohl in direkter Konkurrenz zu Baclofen. Die angeblichen Vorteile des PAM für Patienten im Vergleich zu Baclofen sind wie üblich an den Haaren herbeigezogen, für die Pharmafirmen liegt der Vorteil klar auf der Hand:die Patentierbarkeit. Wenn diese Medikamente auf dem Markt sind, werden die Kosten von den Kassen übernommen, d.h. dem Nutzer kann es eigentlich egal sein.
Im Vergleich zu dem Markt- und Machtpotential dieser Firmen ist Lundbeck mit seinen Interventionsbemühungen gegen Baclofen eher so was wie Kindergeburtstag.
pragha

Benutzeravatar

pragha
Beiträge: 116
Registriert: 16. November 2012, 13:32
Danksagung erhalten: 15 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon pragha » 16. Dezember 2012, 21:39

Zum Studuedesign von Alpadir hier ein interessanter link
http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01738282?term=baclofen+alcoholism&rank=7, d.h. hier wird nur nach der Abstinenzrate geschaut, anders als das was die französischen Studien bisher gemacht haben, die auch ein risikoarmes bzw. moderates Trinken als Erfolg gesehen haben. Damit wird dann auch klar, warum die Gegner von Baclofen auf einmal umgeschwenkt sind. Ich prognostiziere mal ein übles Ergebnis für Baclofen.
pragha

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 16. Dezember 2012, 23:04

Danke, pragha!

Diese Marsch-Route haben die Partei-Bonzen halt so vorgegeben, weil Abstinenz das einzige national und international akzeptierte Kriterium sei. Sei’s drum, Hauptsache sie machen vorwärts, das Resultat wird eh gut sein. Und in der Zwischenzeit Druck machen, Fakten schaffen. In den Therapie-Praxen, hier im Forum, auf der Straße. Das kommt schon gut!

Glaubt DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 15. April 2013, 06:27

Bonjour à toutes et à tous

Eine interessante Gesprächsrunde, die am 18.03.2013 zusammenkam und deren Unterhaltung im landesweit und international empfangbaren Radio-Sender France Inter ausgestrahlt wurde. Teilnehmer waren nebst Moderator und einer Journalistin die Herren Michel Reynaud und Philippe Jaury. Die beiden habt Ihr bestimmt noch auf dem Radar? Richtig, es sind die jeweiligen Studienleiter der beiden aktuellen Baclofenstudien „ALPADIR“ und „BACLOVILLE“

Baclofen und die beiden Studien nahmen an der 35-Minütigen Sendung nur wenig Raum ein, höchstens 20 %, denn es ging ganz allgemein um das Alkoholproblem in Frankreich. Da es ja im Vorfeld der ALPADIR-Studie einige Nicklichkeiten bis hin zu Verschwörungstheorien gab („Lizenz, Baclofen vor die Wand zu fahren“), hätte man da etwas Brisanz erwarten dürfen. Aber, hélas, da war gar nix. Nicht das Geringste, jedenfalls nichts, was hörbar gewesen wäre. Man hatte im Gegenteil den Eindruck, dass sich die Herren Reynaud und Jaury bestens verstehen und am gleichen Strick ziehen. Bei Jaury hatte ich das Gefühl, dass er etwas besser im Baclofen-Thema drin ist, differenzierter und intelligenter argumentiert. Kann aber auch Zufall sein, Tagesform, richtiges Stichwort im richtigen Moment, was auch immer. Schön, dass die beiden gemeinsam an der Gesprächsrunde teilnahmen, Schade dass Baclofen nur ein Thema am Rande war.

DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 13. Juni 2013, 23:42

Hallo erst mal

Hier gibt es das Video des rund 15-minütigen Vortrages des Studienleiters, Prof. Michel Reynaud am Baclofen-Kolloquium Juni 2013 in Paris. Hier die interessanten Punkte:

  • Die Studie sei nicht einfach so „vom Himmel gefallen“, sondern die Anfänge gehen zurück bis 2006 /2007, (00:43), auf Initiative von Olivier Ameisen und noch lange vor dem Erscheinen dessen Buches.
    Die eingereichten klinischen Durchführungspläne seien dann aber Jahrelang abgelehnt worden. 2009 wurde er bewilligt, aber die öffentliche Finanzierung war mit 200`000 € ungenügend. 2011 / 2012 sei dann Ethypharm eingestiegen.
    .
  • Als Interessenkonflikte gibt er an: Mitglied des jeweiligen wissenschaftlichen Beirates von Merck/Serono, Reckit, Lundbeck DA Pharma, Ethypharm (02:32).
    .
  • Er erläutert nochmals die Gründe für die Beschränkung der maximalen Dosis auf 180 mg / Tag (02:51).
    .
  • Rekrutiert seien bisher 145 Personen, das entspricht 46 % der angestrebten 316 Patienten. Damit sei man genau im Plan. Bis Ende 2013 sollen alle Patienten rekrutiert sein und bei einem Beobachtungszeitraum von 6 Monaten liegen Die Ergebnisse im Juni 2014 vor. Danach müssen sie ausgewertet und publiziert werden (Anmerkung DQ: Das ist fast deckungsgleich mit der Studie BACLOVILLE. Dazu später mehr in einem separaten Posting) (04:08).
  • 46 Anlaufstellen sind beteiligt, man rechnet mit Patientenverlusten („aus den Augen verlorenen“) von 25 % und einer damit möglichen Auswertung von 118 Patienten in jeder Gruppe (Wirkstoff & Placebo) (07:25).
    .
  • Tempo der Dosissteigerung: Von Null auf 180 mg / Tag in sieben Wochen (09:53).
    .
  • Es gibt 15 Konsultationen in 30 Wochen, darunter 7 Blutentnahmen, und darunter 11 Sitzungen mit standardisierten Fragebögen zu Craving, Lebensqualität etc. nebst täglich individuell geführtem aber weitestgehend standardisiertem Tagebuch (10:24).
DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 19. September 2014, 23:53

Cross-Posting von hier:

DonQuixote hat geschrieben:Seid gegrüßt

Es wird jetzt konkreter. Laut dieses Programms des 6. „Congrès Français de Psychiatrie“ vom 26. bis 29. November in Nantes, werden die Resultate von „BACLOVILLE“ und „ALPADIR“ durch deren Studienleiter Philippe JAURY und Michel REYNAUD am 26. November vorgetragen. Wie viel Zeit den beiden dafür zur Verfügung steht, kann man dem Programm leider nicht entnehmen.

DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 22. November 2014, 22:55

Seid gegrüßt

Der Vollständigkeit halber noch ein Crossposting von hier …

DonQuixotes Crossposting hat geschrieben:Das stand ja für kommenden Mittwoch unmittelbar bevor, aber wie ich soeben aus inoffizieller doch glaubwürdiger Quelle erfahren habe, ist die Bekanntgabe der Ergebnisse der beiden klinischen Studien BACLOVILLE und ALPADIR auf Januar verschoben worden. Demnächst werde es eine entsprechende Pressemitteilung geben.

Das gute an der Sache? Wenigstens weiß ich jetzt, dass es offenbar nicht nur in meiner Branche (Bauwesen) zu solchen bedauerlichen Projektverzögerungen kommt [pardon].

DonQuixote

Benutzeravatar

Thread-Starter
DonQuixote
Beiträge: 5159
Registriert: 15. Dezember 2011, 14:48
Hat sich bedankt: 713 Mal
Danksagung erhalten: 831 Mal
Mann oder Frau?: Ich bin ein MANN
Kontaktdaten:

Re: Wieder eine neue Studie („Alpadir“) in Frankreich lanciert

Beitragvon DonQuixote » 11. Juni 2015, 18:28

Ein Crossposting von hier:

DonQuixote hat geschrieben:Seid gegrüßt

Lange wurde quasi hinter vorgehaltener Hand getuschelt, nun isses amtlich: Die Ergebnisse der beiden französischen randomisierten und placebokontrollierten klinischen Studien BACLOVILLE und ALPADIR werden laut einer gemeinsamen veröffentlichten Pressemitteilung vom 11. Mai 2015 der öffentlich-rechtlichen „Assistance Publique - Hôpitaux de Paris (AP-HP)“ (BACLOVILLE) und dem Pharmaunternehmen Ethypharm (ALPADIR) mit dem Ziel einer Marktzulassung für Baclofen als Therapieoption der Alkoholabhängigkeit zusammengelegt. Profitieren von einer solchen Marktzulassung wird laut der unterzeichneten Übereinkunft die Firma Ethypharm.

Die Pressemitteilung schreibt weiter:

Pressemitteilung hat geschrieben:
Diese beiden Studien mit jeweils 320 Patienten ergänzen sich: ALPADIR untersucht in erster Linie die Aufrechterhaltung der Abstinenz, während BACLOVILLE eine Reduktion des Alkoholkonsums im Fokus hat. Zusammengenommen möchten diese beiden Studien die Wirkung von Baclofen als Threapie der Alkoholabhängigkeit aufzeigen und die Rahmenbedingungen für eine sichere Anwendung definieren.

[…]

Prof. Jaury, der Studienleiter von BACLOVILLE, zeigt sich erfreut über die Vereinbarung, „welche aus dem gemeinsamen Wunsch der AP-HP und Ethypharm geboren ist, alle verfügbaren Daten über Baclofen als Therapie der Alkoholabhängigkeit zusammenzuführen“.

Die AP-HP ist eine universitäre Gesundheitseinrichtung mit weltweitem Renommee, umfasst 38 Spitäler im Großraum Paris und beschäftigt insgesamt 95‘000 Personen (Ärzte, Forscher, Medizinisches Personal, Verwaltung etc.).

Was das genau für die „Praxis“ bedeutet, sind jetzt natürlich allerlei Spekulationen Tür und Tor geöffnet. So aus dem hohlen Bauch heraus werte ich diese Übereinkunft jedenfalls positiv.

DonQuixote


Edit des Admin: Der Thread ist vorläufig geschlossen, weil die Diskussion anderenorts fortgesetzt wird.


Zurück zu „Dr. Ameisen - Relevante Informationen - Baclofen News“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste