Am 16. Juni erschien auf dem französischen Gesundheitsportal „Pourquoi Docteur“ ein Artikel, der sich mit den bisherigen Erfahrungen der RTU auseinandersetzte. Ich übersetze das jetzt einfach mal eins zu eins, die Linksetzungen stammen indes von mir:
Artikel in < Pourquoi Docteur> hat geschrieben:
Vor drei Monaten gab die ANSM grünes Licht für eine vorgezogene, zeitlich auf drei Jahre befristete Zulassung von Baclofen zur Behandlung des Alkoholismus (RTU). Zurzeit sind im dafür eingerichtete Internet-Portal insgesamt 2‘200 Patienten registriert.
Etwas mehr als drei Monate nach der Initiierung der RTU und der Einrichtung der dafür vorgesehenen virtuellen Daten-Sammelstelle, zieht die französische Zulassungsbehörde (ANSM) zum zweiten Mal Bilanz. „Es ist mehrheitlich ein Erfolg“, so äußerte sich die ANSM noch im April dieses Jahres anlässlich einer Pressekonferenz. Insbesondere deshalb, weil die Zahl der Eingeschriebenen Ärzte und Patienten stetig anstieg. Vor allem erhoffte man sich, dass sich mehr und mehr die bereits in Behandlung stehenden Patienten in das System eingliedern werden. Heute muss man allerdings feststellen, dass diese gut gemeinten Vorsätze nur langsam Früchte tragen.
2‘200 eingeschriebene Patienten in drei Monaten
Denn nur 850 Ärzte haben sich bisher im System der ANSM registriert. Das ist wenig, wenn man dies mit der Zahl von 90‘000 Allgemeinpraktikern (Quelle: Hexagone) vergleicht. So sind es doch gerade diese Allgemeinpraktiker, die als erste Kontakt mit den Alkoholabhängigen haben. Kommt noch dazu, dass etwas weniger als die Hälfte (44%) der bisher registrierten Ärzte noch keine Patienten gemeldet haben. Die andere Hälfte (56%) behandelt im Durchschnitt vier alkoholabhängige Patienten, so die Aussage der ANSM im April dieses Jahres. Alles zusammen genommen, sind in der Datenbank der ANSM heute insgesamt 2‘200 alkoholabhängige Patienten registriert. Im Vergleich zur letzten Bilanz von Ende April, mit 400 registrierten Patienten, muss man feststellen, dass sich die Zunahme in überschaubaren Grenzen hält.
Nur die eingeschriebenen Patienten profitieren von der Kostenerstattung des Medikaments
Die ANSM bemüht sich deshalb weiter, die Ärzteschaft zur Registrierung (Zeitaufwand zwei Minuten) auf ihrem Portal zu ermuntern, denn glaubt man den Zahlen der staatlichen Krankenversicherung, erhielten seit 2008 bereits mehr als 50‘000 Patienten Baclofen zur Behandlung ihrer Alkoholsucht, aus den Händen oder Rezeptblöcken von 7‘000 Ärzten. Und dies wohlgemerkt in einem nur halb legalen („off-label“) Rahmen.
Nichtsdestoweniger könnte eine vor kurzem erfolgte Entscheidung des Gesundheitsministeriums diesen Trend jetzt umkehren. Am vergangenen 13. Juni wurde mit Regierungserlass die Kostenerstattung ermöglicht. Doch nur diejenigen Patienten, welche in der Datenbank der ANSM auch tatsächlich erfasst sind und dem von der ANSM empfohlenen Protokoll folgen, sollen in den Genuss einer solchen Kostenerstattung kommen. So jedenfalls die Verlautbarung des offiziellen Kommunikees.
Na ja, Ihr seht schon: Alles ein bisserl unpräzise, falsche, oder ich möchte sagen längst überholte Zahlen und Fakten, vieles vom Hörensagen oder jedenfalls ohne Quellenangaben und dann auch noch das Durcheinanderbringen von Zeitrahmen. Journalismus halt, wie er leibt und lebt *gg*.
Tatsache ist aber, dass sich sehr viele Ärzte und Patienten in ihrer „Off-Label-Nische“ noch sehr wohl zu fühlen scheinen. Das wurde angesichts der etwas restriktiven Bedingungen der RTU aber auch vorausgesagt. Macht aber nix: Die RTU ist ein Erfolg und wird hoffentlich viele Ärzte und Patienten neu zu dieser Therapie ermutigen. Hürden gibt es allerdings noch genug, wie Sylvie Imbert, die Präsidentin der französischen Association Baclofène es in einem Interview kürzlich treffend zum Ausdruck brachte.
DonQuixote